Ich ziehe mal was aus der Anekdoten-Kiste, was sich heute zugetragen hat... Ihr müsst euch meinen Spanischkurs so vorstellen: es gibt ein ruhigeres Drittel. Dieses Drittel verfügt über ein entwickeltes Gehirn. Kann man vom Rest so nicht behaupten. Also, in diesem zurückgebliebenen Mob gibt es zwei spezifischere Personen, bei denen ich mich wirklich nur wundern kann, wie sie es auf die gymnasiale Oberstufe geschafft haben. Diese Personen haben in einer Freistunde was gekauft und mitgebracht? Korrekt, Fische. Rohe, tote, round about 25 cm lange Doraden, um präzise zu sein. Die sie dann natürlich auch auspacken mussten. Erstes Problem war der abnormale Gestank, der daraus resultierte. Das zweite Problem gestalte sich noch weitaus beschwerlicher. Denn was tun zwei vernunftbegabte, sechzehnjährige Gymnasiasten mit zwei toten Fischen? Natürlich. Sie beginnen, sich mit ihnen zu kloppen. Gelinde gesagt widerlich. Würden sie sich nur auf sich beschränken! Das wäre besser auszuhalten als ihr Entschluss, die ganze Klasse an ihrem großen Spaß teilhaben zu lassen. Randnotiz dazu: glücklicherweise konnten die geistig fortgeschritteneren Schüler, darunter ich, sich noch rechtzeitig in die durch eine Glaswand isolierte Materialsammlung retten. Eine kurze Analogie: Zwei Affen streiten sich am Fluss um zwei gefangene Fische, umringt vom kreischenden, sie anfeuernden Rudel. Primitiv war das, primitiv. Tatsächlich saß während dieser Geschehnisse eine Lehrkraft vorne am Pult. Ich weiß nicht, was sie dort tat, aber es muss eine sehr vertiefende Arbeit gewesen sein, denn es dauerte einige Zeit, bis sie aufschaute und leicht konfus die folgenschwere Frage stellte: „Sagt mal, was habt ihr denn da?“ Im Folgenden gebe ich mal den Dialog wieder. „ Fische, Frau ************!“ „ Wa... Fische? Also, echte...“ „ Jawoll, die haben der ****** und ich in der Freistunde gekauft und wollten die jetzt gleich braten, der ****** und ich, die Doraden.“ Natürlich meldete die Lehrerin schwere Bedenken gegenüber der Hygiene von zwei rohen Fischen in Schmelzwasser an, die dort vor ihr schon dezent deformiert auf dem Tisch lagen. Genauer formuliert: sie bekam einen kleinen Wutanfall. Hatten sich die Narren aber auch verdient. In dem Moment kam endlich unsere Spanischlehrerin in den Raum. Sie, müsst ihr wissen, ist eine ziemlich alte, und, mit Verlaub, geistig wirre Frau, die zwar hervorragende Paella machen kann, annehmbar viel Spanisch spricht und nur wenig Deutsch. Sie nahm die aufgebrachte Beschwerde der zuvor anwesenden Lehrkraft über die beiden Douchbags entgegen, wirkte etwas verwirrt, etwas empört, und ganz ehrlich: ich hätte in so einem Moment tausende Fragen. Sie aber hatte skurriler Weise nur eine einzige: „ Sind die gebraten?“ Was wollte sie wissen? Was hatte sie vor? Paella machen? Wir werden es nie erfahren, denn als das verwirrt verneint wurde, ging sie schulternzuckend an den dreien vorbei. Ihre Referendarin, die Gott sei Dank nicht so wirr ist wie die Lehrerin selbst, sah das aber nicht so leicht und stellte die Raufbolde mit den Doraden zur Rede. Nun, die Verteidigung sah in etwa so aus: „Sie diskriminieren den Fisch, jawoll! Wenn hier ein Lachs auf dem Tisch liegen würde, dann wär‘ es ihnen völlig egal! Nur, weil es eine Dorade ist!“ Die erste Lehrkraft hatte mittlerweile unseren Headmaster zu Rate gezogen. Ein etwas älterer, sehr humorvoller und geistreicher, wenn auch etwas strenger Mann, der die beiden aufgrund vorheriger Ereignisse schon zur Genüge gut kannte. Und sein Blick, als er da die beiden Trottel mit den triefenden Doraden in ihren Händen, in einem verwüsteten Klassenraum, umringt von aufgebrachten Schülern und Lehrkräften, sah, dieser Blick war Gold wert. Er vermischte Zorn, Unglaube, Lachen und Weinen. Die Krone auf dem Ganzen: Die beiden mussten natürlich ihre Doraden abgeben! Wie ein Handy wurden die Fische vom Headmaster eingesammelt, er hat sie mitgenommen, wohl in sein Büro, damit die stupiden Douchbags sie sich später wieder abholen konnten. Er musste in lehrhafter Pflicht die verdammten stinkenden Fische mit in dein Büro nehmen! Und die beiden Dummköpfe fanden sich wohl dabei auch noch lustig, sonnten sich in der Aufmerksamkeit, aber ich möchte nicht wissen, was ihre Eltern sich wohl denken, wenn sie den Anruf bekommen: „Ja, hören sie, Frau/Herr ********, ihr sechzehnjähriger Sohn hat während des Unterrichts, wohlgemerkt in der gymnasialen Oberstufe, begonnen, sich mit seinem Kumpanen mit zwei frischen Doraden zu prügeln.“ Wieso dieser doch etwas denkwertige Beitrag? Nun, die Moral aus der Geschicht‘: Vertraut. Niemals. Einem. Dummkopf. Von. Schüler. Ihr denkt, sie sind berechenbar, aber sie können einen dennoch überraschen...
Post Scriptum: Aufgrund des Gestanks der Doraden mussten sowohl der Español-Klassenraum wie auch das Büro des Headmasters geräumt werden. Traurig.
Colin
Argh ^^ Meine Klasse hat zwar auch manchmal Mist gebaut, aber sich mit toten Fischen zu kloppen ist nochmal eine ganz andere Liga.