Nie hätte ich mir vorstellen können, dass sich unser Leben so drastisch verändern würde, und trotzdem ist es geschehen. Dabei fing es eigentlich ganz harmlos an, denn Emmas Haut wurde jeden Abend etwas wärmer. ich dachte mir nicht wirklich viel dabei, denn erstens neige ich eher zu entspanntem Dösen als zum Nachdenken, und zweitens liebe ich Wärme, wie alle Katzen Wärme lieben. Je wärmer Emma war, desto inniger schmiegte ich mich an sie. Und noch immer hatte ich mir, dumm wie ich war, nichts dabei gedacht. Oder ich wollte es einfach nicht mitbekommen, wer weiß das schon. So ging das über mehrere Wochen lang. Bis Emma eines Nachts die ganze Zeit hustete und morgens nicht mehr aufstehen konnte. Herr Schwarzberg, der Hausmeister der Siedlung, der jeden Tag bei allen vorbeiging und nach dem Rechten sah, reagierte ganz aufgeregt und rief sofort einen Arzt an. Durch das Schlafzimmerfenster erblickte ich diesen Arzt, in einem silbernen Transportauto. Er war mir schon auf den ersten Blick unsympathisch, er war viel zu groß, viel zu stark und viel zu laut. Als er unser Zimmer betrat, horchte er Emma ab und drückte mit seinen riesigen Händen auf ihr herum, als wäre sie eine wertlose Lappenpuppe. Ganz Bestimmt hatte er ihr dabei wehgetan, denn sie hörte nicht auf zu stöhnen und zu jammern. Sie lag flach auf dem Rücken und hatte die Arme wie hilflos zur Seite gesteckt. Erschrocken sprang ich auf den Kleiderschrank, bereit, diesen Mistkerl von oben anzugreifen und ihm das Gesicht zu zerkratzen, wenn er meine geliebte Emma nicht in Ruhe ließ. Zum allerersten Mal in meinem ganzen Leben spürte ich einen rachsüchtigen Zorn vom Kopf bis in die Krallen meiner Vorderpfoten. Sprungbereit, um blitzschnell zuzuschlagen. Aber ich war keine dieser Streunerinnen, bei denen der Angriff die beste Verteidigung ist. Verstohlen beobachtete ich das Geschehen. Kurze Zeit später zog der Mann auch schon sein Handy raus und rief den Krankenwagen an. Doch beim Telefonieren warf er mir einen Blick zu, den man nur verächtlich nennen könnte. Er mag mich wohl genauso wenig wie ich ihn, aber immerhin ist ihm aufgefallen, dass ich auf den Sprang gesprungen bin. Hatte er Angst, dass ich ihn anfallen würde? Plötzlich hörte ich Emma sagen: "Und was wird jetzt aus meiner Katze?" Ihre Stimme war so leise, das der Arzt zweimal nachfragen musste, bevor er sie verstand. "Wer wird sich um meine Kitty kümmern?"

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